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Osteopathie: Mit den Händen gegen Blockaden und Faszien-Verklebungen
Die Osteopathie behandelt u. a. Fehlstellungen, Gelenkblockaden und Schmerzen. Die Lösung von verklebten Faszien kann Beschwerden verbessern.
Osteopathie: Was steckt dahinter?
Die Osteopathie ist ein Teilgebiet der manuellen Medizin und beschäftigt sich insbesondere mit der Einheit aller Körpersysteme, wobei der Bewegungsapparat eine zentrale Stellung einnimmt. Osteopathen gehen davon aus, dass Beschwerden in einem Körperteil nicht zwangsläufig auch dort entstehen müssen, da der Organismus als Gesamtsystem verstanden wird. Legt man diese Annahme zugrunde, können Störungen im System auch überall zu Beschwerden führen.
Der Name Osteopathie setzt sich aus diesen altgriechischen Begriffen zusammen:
- Osteon = Knochen
- Pathos = Leiden
Der Bewegungsapparat des Menschen besteht aus Knochen, Gelenken, Muskeln und Faszien. Gezielte Grifftechniken an diesem sogenannten muskuloskelettalen System können dazu führen, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu fördern und Beschwerden zu lindern.
Gegründet wurde die Osteopathie im Jahr 1874 durch den US-amerikanischen Arzt Andrew Taylor Still[1]. Die Osteopathie kann von Ärzten und spezialisierten Physiotherapeuten durchgeführt werden.
Anwendungsgebiete: Was wird von Osteopathen behandelt?
Häufige Anwendungsgebiete der Osteopathie sind zum Beispiel:
- Rückenschmerzen
- Wirbelsäulenblockaden
- Nackenschmerzen
- Schulterschmerzen
- Muskelschmerzen
- Sehnenbeschwerden
- Fibromyalgie
- Morbus Bechterew
- Arthrose
- Tinnitus
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Sportverletzungen
- Kiefergelenksbeschwerden
- Verdauungsstörungen
- Menstruationsbeschwerden
- Blasen-/Prostataentzündungen
Diagnostik der Osteopathie
Wenn Sie sich bei einem Osteopathen vorstellen, befragt dieser Sie zunächst nach Ihren genauen Beschwerden und es wird die Krankengeschichte (Anamnese) erhoben. Im Anschluss erfolgt eine genaue Untersuchung der Körperoberfläche mit den Händen. Zur Diagnostik gehören unter anderem[2]:
- Inspektion: oberflächliche Betrachtung der Körpers
- Palpation: Abtasten des Körpers
- Funktionstest: Prüfung der Bewegungsfähigkeit
- Apparative Diagnostik: Technische Gerätschaften wie Röntgen, Thermografie oder Knochenszintigrafie
Der Osteopath sucht nach Verhärtungen, schmerzenden Stellen und Bewegungseinschränkungen, die als Störungen im Gesamtsystem des Körpers betrachtet werden und zu Gewebespannungen führen. Diese können sich wiederum auf den gesamten Organismus ausbreiten und Beschwerden verursachen.
Die osteopathische Behandlung
In der Osteopathie sind Diagnostik und Therapie nicht strikt getrennt. Das bedeutet, während der Untersucher Ihren Körper abtastet, werden Blockaden und Verhärtungen sofort behoben. Dies erfolgt ausschließlich mit der Hand durch eine Reihe spezieller Griffe sowie Druck- und Zugtechniken[3],[4]. Durch Lösung der Blockaden werden die Lymph- und Blutzirkulation wieder adäquat hergestellt.
Dabei beruht die osteopathische Behandlung auf diesen drei Säulen:
- Behandlung des Bewegungsapparates/Skelettsystems (parietale Osteopathie)
- Behandlung von Schädel bis Kreuzbein (kraniosakrale Osteopathie)
- Behandlung der inneren Organe (viszerale Osteopathie)
Insgesamt spielen die Faszien eine große Rolle in der Osteopathie. Es handelt sich dabei um ein Netzwerk aus Bindegewebe, indem unter anderem Nerven, Lymph- und Blutgefäße verlaufen. Faszien finden sich im Bereich der Gelenke, der Muskel aber auch um die inneren Organe. Solche Faszien können Verklebungen aufweisen, die durch eine osteopathische Behandlung wieder gelöst werden[5].
Osteopathie bei Kindern
Auch bei Kindern kommt die Osteopathie zur Anwendung und trägt den selbsterklärenden Namen „Kinderosteopathie“. Angewendet wird sie laut Bundesverband Osteopathie vor allem bei diesen Beschwerden3:
- Schreibabys
- Blähungen und Bauchschmerzen bei Säuglingen und Kindern
- Konzentrationsstörungen
- Unruhe und starke Nervosität
- Bewegungsstörungen
- Haltungsstörungen
- Zahnfehlstellungen
- Wachstumsstörungen der Wirbelsäule
Aufgrund der sich noch im Wachstum befindlichen Körperstrukturen unterscheidet sich die Technik in der Kinderosteopathie mitunter deutlich von der bei Erwachsenen. Insgesamt gilt Kinderosteologie als sehr gut untersucht und Studien bescheinigen eine Wirksamkeit vom ersten Lebensjahr an, sofern eine entsprechende Indikation vorliegt[6]. Allerdings sollte immer zuvor ein Kinderarzt aufgesucht werden, um die Beschwerden abklären zu lassen.
Wo liegen die Grenzen der Osteopathie?
Osteopathie ist wirksam, doch es gibt Grenzen. Kein Fall für den Osteopathen sind beispielsweise:
- Verletzungen des Bewegungsapparates
- Infektionen
- Schwere internistische Erkrankungen
- Krebs
- Psychiatrische Erkrankungen
- Fehlstellungen (o. Ä.), die einer operativen Versorgung bedürfen
In diesem Fall sollten Sie sich einem Facharzt vorstellen. In einigen Fällen kann die Osteopathie aber auch hier unterstützend wirken. Inwiefern, entscheiden letztendlich die behandelnden Ärzte und Physiotherapeuten.
[1] Bültmann A. QuickStart Osteopathie. Karl F. Haug Verlag, Stuttgart, 2012, Seite 1 ff. (Link)
[2] Hinkelthein E, Zalpour Christoff. Diagnose- und Therapiekonzepte in der Osteopathie. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg, 2012, Seite 2 (Link)
[3] Bundesverband Osteopathie e. V. https://bv-osteopathie.de/fuer-patienten/behandlung/ (abgerufen am: 18.07.2022)
[4] Osteopathie: gezielte Griffe für die Gesundheit. AOK – Körperwissen, veröffentlicht am: 17.05.2018 https://aok-erleben.de/artikel/osteopathie-gezielte-griffe-fuer-die-gesundheit (abgerufen am: 18.07.2022)
[5] Tozzi P. Selected fascial aspects of osteopathic practice. J Bodyw Mov Ther. 2012 Oct;16(4):503-19. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23036882/ (abgerufen am: 18.07.2022)
[6] Schwerla F, Daake B, Moeckel E, Resch KL. Osteopathic Treatment of Infants in Their First Year of Life: A Prospective Multicenter Observational Study (OSTINF Study). Complement Med Res. 2021;28(5):395-406. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33601373/ (abgerufen am: 18.07.2022)