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Kopfschmerzen: Oft stecken Kieferfehlstellung oder Migräne dahinter

Kopfschmerzen: Volkskrankheit mit vielen Ursachen

Kopfschmerzen gehören zu den häufigsten Beschwerden überhaupt. Die Ursachen sind überaus vielfältig. Häufig sind sie neurologischen oder orthopädischen Ursprungs. Insgesamt kennt die Medizin über 200 Kopfschmerzarten[1]. Ärzte unterteilen sie in die folgenden Gruppen:

  • Primärer Kopfschmerz: Hierunter fallen alle Kopfschmerzen, denen keine eindeutige Ursache zugeordnet werden kann.
  • Sekundärer Kopfschmerz: Diesen Kopfschmerzen liegt eine klare körperliche Ursache zugrunde (z. B. Verletzungen, Erkrankungen, etc.)

Die Therapie richtet sich nach der Art der Kopfschmerzen. Häufig spielt die Physiotherapie eine entscheidende Rolle in der Behandlung[2].

Migräne: Eine der häufigsten Kopfschmerzerkrankungen

Die Migräne gehört zu den häufigeren Kopfschmerzerkrankungen. Bis zu 20 Prozent der Frauen und 8 Prozent der Männer sind in Deutschland davon betroffen[3]. Die Migräne hat neurologische Ursachen, die aber bis heute nicht vollständig entschlüsselt sind.

Wissenschaftler vermuten, dass überaktive neuronale Netzwerke im Gehirn verantwortlich für den pochenden, hämmernden und meist einseitig auftretenden Kopfschmerz sind. Typisch für Migräneanfälle ist die begleitende Übelkeit bis hin zum Erbrechen. Außerdem meiden Betroffene in einem Anfall Licht und suchen gezielt Ruhe und Entspannung.

Auslöser (Trigger) für einen Migräneanfall sind:

  • körperliche Anstrengung
  • Stress
  • bestimmte Nahrungsmittel (z. B. gereifter Käse, Rotwein, Koffein)
  • verqualmte Räumlichkeiten
  • Verspannungen

Die Therapie besteht aus verschiedenen Schmerzmitteln sowie einer Vermeidung der Auslöser. Obwohl die Migräne keine direkte orthopädische Ursache hat, kann regelmäßige Physiotherapie dabei helfen, die Lebensqualität zu verbessern und das Schmerzlevel zu verringern[4]. Vor allem andauernde Nackenverspannungen können nämlich das Auftreten eines Migräneanfalls begünstigen[5]. Hier setzt die Physiotherapie an.

Die Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD)

Craniomandibuläre Dysfunktion ist ein Überbegriff für verschiedene funktionelle Störungen und Fehlstellungen des Kiefers. Mögliche Ursachen sind:

  • starkes Zusammenpressen der Kiefer
  • Zähneknirschen
  • angeborene Fehlstellungen
  • Fehlbiss
  • Verletzungen
  • Zahnprobleme (z. B. fehlerhafte Kronen oder Füllungen)

Durch die permanente Fehlbelastung der Kiefermuskulatur treten Schmerzen auf, die sich aufgrund der anatomischen Nähe auf Kopf, Nacken, Schultern und Rücken ausbreiten können. Die Therapie sollte in enger Abstimmung zwischen Zahnarzt/Kieferorthopäde und Physiotherapeuten erfolgen, um die CMD möglichst ganzheitlich zu behandeln, Haltungsfehler zu korrigieren und Beschwerden dauerhaft zu lindern[6].

Spannungskopfschmerzen: Fast jeder ist mehr oder weniger betroffen

Zwischen 30 und 80 Prozent der Bevölkerung sind von Spannungskopfschmerzen betroffen. Damit handelt es sich um die häufigste Kopfschmerzform[7]. Eine eindeutige körperliche Ursache findet sich meist nicht. Eine Theorie zur Entstehung ist eine niedrige Schmerzschwelle der Betroffenen[8].

Trotzdem sind einige Faktoren bekannt, die Spannungskopfschmerzen begünstigen:

  • Schlafmangel
  • Überanstrengung der Augen
  • Flüssigkeitsmangel
  • Schlafstörungen
  • diverse orthopädische Ursachen

Die Behandlungsmöglichkeiten sind sehr vielseitig und umfassen z. B. Schmerzmittel sowie diverse Verhaltensänderungen (z. B. mehr Schlaf, höhere Flüssigkeitszufuhr). Eine besondere Bedeutung kommt auch hier der Physiotherapie zu. So zeigen Studien, dass vor allem die manuelle Therapie in Kombination mit Dehnungsübungen der Halsmuskulatur und Massagen effektiv gegen Spannungskopfschmerzen helfen können[9].

Fazit: Physiotherapie häufig effektiv gegen Kopfschmerzen

Bei einer Vielzahl an Kopfschmerztypen ist die Physiotherapie wirksam. Das gilt in besonderem Maße, wenn den Schmerzen eine orthopädische Ursache zugrunde liegt. Steife Gelenke oder verspannte Nackenmuskeln lösen häufig Kopfschmerzattacken aus. Dasselbe gilt für Probleme mit den Kiefergelenken.

Die Aufgabe der Physiotherapie ist hierbei, einen Zusammenhang zwischen orthopädischen Ursachen und Kopfschmerzen festzustellen. Dies geschieht durch Überprüfung von:

  • Beweglichkeit von Brust- und Halswirbelsäule
  • Körperhaltung
  • Zustand von Muskulatur und Gelenken
  • körperliche Verfassung des Patienten

Daran anschließend wird ein individueller Behandlungsplan erstellt, in dem manuelle Therapien, gezielte Übungen und Entspannungstechniken enthalten sind. Ergänzend erhält der Kopfschmerzpatient häufig einen Trainingsplan für zu Hause, um dort eigenständig Übungen durchführen zu können. Von rein passiven Verfahren wie die klassische Massage rät die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft hingegen ab5.

Mit Physiotherapie gelingt es, auch hartnäckige Kopfschmerzen zu lindern, den Bedarf an Schmerzmedikamenten zu reduzieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu erhöhen.

[1] Vater J, Fetzner U, von Freyberg P, Herrmann N, Töpfer L. Fälle – Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin, Schmerzmedizin. 2., erweiterte Auflage, Elsevier, München, 2019, Seite 273

[2] Fernández-de-Las-Peñas C, Cuadrado ML. Physical therapy for headaches. Cephalgia. 2016 Oct;36(12):1134-1142. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26660851/ (abgerufen am 28.02.2022)

[3] Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Veröffentlicht am: 17.05.2021 https://dgn.org/presse/pressemitteilungen/volksleiden-migraene-ein-update/ (abgerufen am 12.02.2022)

[4] Carvalho GF, Schwarz A, Szikszay TM, Adamczyk WM, Bevilaqua-Grossi D, Luedtke K. Physical therapy and migraine: musculoskeletal and balance dysfunctions and their relevance for clinical practice. Braz J Phys Ther. 2020 Jul-Aug; 24(4): 306–317. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7351966/ (abgerufen am 01.03.2022)

[5] Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e. V. https://www.dmkg.de/patienten/physiotherapie-und-kopfschmerz (abgerufen am 28.02.2022)

[6] Kares H, Schindler H, Schöttl R. Der etwas andere Kopf- und Gesichtsschmerz – Craniomandibuläre Dysfunktionen CMD. International College of Cranio-Mandibular Orthopedics, Erlangen, 2008, Seite 57

[7] Reimers CD, Paulus W, Steinhoff BJ. Patienteninformationen Neurologie – Empfehlungen für Ärzte. 2. Auflage, Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg, 2017, Seite 83

[8] Silberstein SD. Spannungskopfschmerzen. MSD Manual, zuletzt aktualisiert: Juli 2021 https://www.msdmanuals.com/de-de/heim/st%C3%B6rungen-der-hirn-,-r%C3%BCckenmarks-und-nervenfunktion/kopfschmerzen/spannungskopfschmerzen (abgerufen am: 01.03.2022)

[9] Victoria Espí-López G, Arnal-Gómez A, Arbós-Berenguer T, González ÁAL, Vicente-Herrero T. Effectiveness of Physical Therapy in Patients with Tension-type Headache: Literature Review. J Jpn Phys Ther Assoc. 2014;17(1):31-38. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25792906/ (abgerufen am: 28.02.2022)