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Wirbelgleiten (Spondylolisthesis): Am häufigsten tritt eine L5-Instabilität auf

Wirbelgleiten (Spondylolisthesis) – L5-Instabilität

Wirbelgleiten (Spondylolisthesis) entsteht durch eine Instabilität der Wirbelsäule. Einzelne Wirbel verschieben sich dabei entweder nach vorne (Anterolisthese) oder nach hinten (Retrolisthese). Es besteht eine erhöhte Beweglichkeit in dem betroffenen Wirbelsäulensegment. Mit Abstand am häufigsten tritt dieses Phänomen am Übergang der Lendenwirbelsäule zum Kreuzbein auf, weswegen Fachleute auch von der sogenannten L5-Instabilität sprechen.

Ursachen sind angeboren oder erworben

Die häufigste Ursache von Wirbelgleiten ist die Spondidolyse. Dabei handelt es sich um eine ein- oder beidseitige Spaltbildung im Bereich der Wirbelbögen zwischen dem oberen und unteren Gelenkfortsatz[1]. Dies wird als isthmische Spondylolisthesis bezeichnet.

Ursprünglich unterschied die Medizin fünf unterschiedliche Ursachen von Wirbelgleiten:

  • Kongenital (angeboren)
  • Isthmisch (der erwähnte Spalt bzw. Defekt im Bereich des Wirbelbogens)
  • Degenerativ (abnutzungsbedingte Schädigung)
  • Traumatisch (Frakturen, z. B. durch Unfälle)
  • Pathologisch (durch Knochenerkrankungen verursacht)[2]

Erst später fügte man die Kategorie „postoperativ“ hinzu. In diesem Fall ist die erhöhte Beweglichkeit der Wirbelsäule die Folge einer Operation.

Übergang L5/S1 mit Abstand am häufigsten betroffen

Wie eingangs erwähnt, tritt Wirbelgleiten am häufigsten zwischen dem fünften Lendenwirbel (L5) und dem ersten Sakralwirbel (S1) auf. In diesem Fall sprechen Ärzte und Physiotherapeuten umgangssprachlich von einer L5-Instabilität.

Insgesamt verteilt sich die Häufigkeit von Wirbelgleiten wie folgt:

  • 82 Prozent: L5/S1
  • 11,3 Prozent: L4/5
  • 0,5 Prozent: L3/4
  • 0,3 Prozent: L2/3
  • 5,8 Prozent: andere Segmente[3]

L5-Instabilität und Wirbelgleiten häufig Zufallsbefunde

Die meist zugrunde liegende Spondidolyse hat häufig keinen Krankheitswert. Das gilt auch für das Wirbelgleiten selbst. Ein Teil der Patienten verspürt keinerlei Beschwerden. Nicht selten treten diese Veränderungen als Zufallsbefunde im Rahmen von bildgebenden Untersuchungen wie Röntgen, CT oder MRT zutage1. Doch langfristig führt die vermehrte Mobilität der Wirbelsäule zu erhöhtem Verschleiß und einer Störung der Körperstatik. Dann treten typische, häufig bewegungsabhängige Rückenschmerzen am Übergang der Lendenwirbelsäule zum Kreuzbein auf.

Diese Rückenschmerzen strahlen meist in die Oberschenkel aus, im fortgeschrittenen Krankheitsstadium kommt es zu Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule. Im ungünstigsten Fall entsteht ein Druck auf das Rückenmark mit der Folge neurologischer Symptome. Besonders charakteristisch ist dabei die sogenannte Hüftlendenstrecksteife (Verkrampfung der rückseitigen Oberschenkelmuskulatur)[4].

Wirbelgleiten nach Möglichkeit konservativ therapieren

Sofern nicht als Zufallsbefund aufgedeckt, wird die Diagnose mittels bildgebender Verfahren gestellt. Ergänzend prüft der Arzt, ob neurologische Beschwerden bestehen. Bei symptomatischen Patienten sollte eine regelmäßige radiologische Verlaufskontrolle erfolgen. Generell wird eine L5-Instabilität, ebenso wie Wirbelgleiten in anderen Segmenten nach Möglichkeit konservativ behandelt.

Eine sehr große Bedeutung kommt dabei der Physiotherapie zu[5],[6]. Gemeinsam mit dem Patienten wird ein individueller Behandlungsplan erarbeitet. Eine besondere Priorität liegt auf der Stärkung der Rumpf- bzw. der Rücken- und Bauchmuskulatur, um die Stabilität der Wirbelsäule zu erhöhen1, [7]. Nach Anleitung eines Physiotherapeuten sollten Betroffene auch eigenständig zu Hause entsprechende Übungen durchführen.

Nur im Falle, dass sich die Schmerzen und Bewegungseinschränkungen konservativ nicht ausreichend lindern lassen, wird eine Operation durchgeführt. Das gilt auch bei schweren neurologischen Störungen, bedingt durch die Wirbelsäuleninstabilität. In diesem Fall wird eine operative Fusion der betreffenden Wirbelsegmente (dorsale Spondylodese) durchgeführt1.

[1] Paetz B, Benzinger-König B. Chirurgie für Pflegeberufe (Krankheitslehre). 20., völlig neu bearbeitete Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2004, Seite 524

[2] Wiltse LL, Newman PH, Macnab I. Classification of spondylolisis and spondylolisthesis. Clin Orthop Relat Res. 1976 Jun;(117):23-9. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/1277669/ (abgerufen am: 15.03.2022)

[3] Krämer J. Orthopädie und Orthopädische Chirurgie – Das Standardwerk für Klinik und Praxis (Wirbelsäule, Thorax). Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2004, Seite 193

[4] Reinhardt D. Therapie der Krankheiten im Kindes- und Jugendalter. 7., vollständig bearbeitete Auflage, Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg, 2004, Seite 1.323

[5] Selhorst M, Allen M, McHugh R, MacDonald J. REHABILITATION CONSIDERATIONS FOR SPONDYLOLYSIS IN THE YOUTH ATHLETE. Int J Sports Phys Ther. 2020 Apr; 15(2): 287–300. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7134351/ (abgerufen am: 15.03.2022)

[6] McNeely ML, Torrance G, Magee DJ. A systematic review of physiotherapy for spondylolysis and spondylolisthesis. Man Ther. 2003 May;8(2):80-91. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/12890435/ (abgerufen am: 15.03.2022)

[7] Krämer J, Wilcke A, Krämer R. Wirbelsäule und Sport – Empfehlungen von Sportarten aus orthopädischer und sportwissenschaftlicher Sicht. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln, 2005, Seite 152